Bitpanda: Der Kaiser sitzt in Wien

In einem konsolidierenden Markt will Bitpanda zum Broker der Banken werden und den europäischen Krypto-Handel dominieren.

Liebe LeserInnen,

wir sind gespannt wie ein Flitzebogen, euch heute ein brandneues Format vorzustellen!

Seit fast zwei Jahren machen wir es uns zur Aufgabe, euch über die wichtigsten News und Trends zu informieren, die den Kryptomarkt bewegen.

Dabei legen wir größten Wert darauf, regelmäßig die Froschperspektive zu verlassen und einzelne News in einen größeren Zusammenhang einzubetten.

Unser Format hat jedoch seine natürlichen Limitierungen. Ihr seid viel beschäftigt und verdient es, eure Dosis Krypto-News in max. 5 Minuten verabreicht zu bekommen.

Was dabei zu kurz kommt, sind Analysen und Berichte über die Personen und Unternehmen hinter der Technologie.

  • Warum kommen manche Leute überhaupt auf die Idee, in Krypto zu gründen? Was treibt sie an?

  • Was zeichnet die erfolgreichen Krypto-Unternehmen aus? Wie funktioniert überhaupt ihr Geschäftsmodell? Was ist ihre Strategie?

  • Und welche Chancen und Risiken hält die Zukunft für sie bereit?

Heute geben wir der Beantwortung dieser Fragen ein eigene Bühne. Ihr Name: Blockstories Deep Dives.

Darin wollen wir euch exklusive Einblicke in das Innere von Europas wichtigsten Krypto-Unternehmen liefern.

Den Anfang macht heute Bitpanda.

In den vergangenen zwei Monaten haben wir alle Informationen, die es über Bitpanda zu finden gibt, inhaliert und etliche Interviews mit Mitarbeitern des Unternehmens durchgeführt: Vom Vorstand über Bereichsleiter bis hin zu den Produktmanagern im Maschinenraum.

Herausgekommen ist ein hoffentlich erkenntnisreiches Porträt über Europas größten Krypto-Broker.

Weiter unten findet ihr einen Auszug des ersten Abschnitts. Den ganzen Deep Dive könnt ihr über den folgenden Link einsehen.

Eine Bitte: Für uns handelt es sich um neues Unterfangen. Uns würde es daher sehr viel bedeuten, euer Feedback zu erhalten - gerne als Antwort auf diese Mail. Vielen Dank! ❤️ 

Wichtigste Erkenntnisse

Falls ihr nur wenig Zeit habt: Hier sind die wichtigsten Eckpunkte, die ihr über Bitpanda wissen solltet.

  • Von Bitcoin zur Investmentplattform. Bitpanda hat über die letzten 9 Jahre eine umfassende Handelsplattform aufgebaut, auf der Nutzer mittlerweile nicht nur 24/7 in Kryptowährungen investieren können, sondern auch Investmentmöglichkeiten für Aktien, ETFs, Rohstoffe, Edelmetalle und Geldmarktfonds zur Verfügung gestellt bekommen. Die Vision? Investieren so einfach und sicher wie möglich machen.

  • Richtig statt schnell. Von Anfang an legt Bitpanda großen Wert auf regulatorische Compliance und die Inhouse Entwicklung kritischer Systeme. Eine Investition, die sich mehr als bezahlt macht.

  • Zwischen Bull und Bear. Bitpandas Wachstum ist eine Funktion der Krypto-Preise: In den Boomjahren wird durch den operativen Hebel das Geld verdient, mit dem im Kryptowinter das Fundament für den nächsten Zyklus gelegt wird. 

  • Auf den Spuren von AWS. Heute verkauft Bitpanda seine Infrastruktur auch an Fintechs und Banken. Das Ziel? 200 Millionen Kunden Zugang zu Krypto verschaffen.

  • Schreckgespenst Ikarus. Jahrelang hat sich das Unternehmen aus den eigenen Umsätzen heraus finanziert. Später führte das Startup drei Finanzierungsrunden mit einem Gesamtvolumen von über 400 Millionen Euro durch. Mit dem Ende des Bullenmarkts sah sich jedoch auch Bitpanda gezwungen, Tempo herauszunehmen und die Belegschaft zu verkleinern.

Dieses Unternehmensporträt ist Teil unseres Partner Programms und wird finanziell von Bitpanda unterstützt. In unseren Richtlinien verpflichten wir uns, ausschließlich unsere eigene ehrliche Einschätzung wiederzugeben und nur über Unternehmen zu schreiben, die wir für außergewöhnlich halten.

Nur Verlierer konkurrieren. Unter diesem Titel hält Peter Thiel 2014 eine Vorlesung an der Stanford Universität über Strategie und Monopoltheorie für Startups.

Die Kernaussage: Alle erfolglosen Startups sind einander ähnlich; sie greifen einen zu großen Markt an und scheitern dann an der Konkurrenz. Erfolgreiche Startups dagegen sind alle einzigartig. Sie fokussieren sich auf eine kleine Nische, die sie von Anfang an dominieren können -  und in der sie keine Konkurrenz haben. Von da aus breiten sie sich solange horizontal und vertikal aus, bis ein “vertikal integriertes komplexes Monopol” entsteht - mit hohen Margen und geringen externen Abhängigkeiten.

Ob wissend um diesen Insight oder nicht - die Gründer von Bitpanda haben ein solches Unternehmen aufgebaut. Bitpandas Nische? Bitcoin in Österreich kaufbar machen - in einer Zeit, als Investoren Krypto mit der Kneifzange nicht anfassen und andere Gründer lieber Social Apps bauen wollten.

Mittlerweile deckt Bitpanda halb Europa ab, ist regulatorisch exzellent aufgestellt, bietet neben Kryptowährungen viele weitere Anlageklassen an und verkauft die eigene Infrastruktur an Fintechs und Geschäftsbanken. 

In Krypto zu operieren, heißt aber auch in Zyklen zu operieren. Im letzten Jahr drehte sich der Markt. Seitdem herrscht Kryptowinter. Bitpandas Umsatz brach um über 80% ein und anstelle eines satten Gewinns endete das Geschäftsjahr 2022 mit einem Verlust von über 100 Millionen Euro. Sorgen muss man sich deswegen nicht um Bitpanda machen. Blickt man tiefer ins Unternehmen, erkennt man, dass Bitpanda nie besser aufgestellt war, um vom nächsten Krypto-Zyklus zu profitieren.

In unserem heutigen Deep Dive analysieren wir die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft von Europas größtem Krypto-Broker: 

  • Entstehung. Wie die Gründungsgeschichte das Unternehmen bis heute prägt.

  • Experimente. Wie Bitpanda Europas erfolgreichsten IEO hinlegt.

  • Der Weg zum Einhorn. Wie Bitpanda aus der Nische ausbricht und von Bootstrapping auf Hypergrowth umschaltet.

  • Restrukturierung. Warum die Party ein abruptes Ende findet und das Unternehmen am Ende trotzdem den größten Meilenstein seiner Geschichte feiern kann.

  • Ausblick. Mit welcher Strategie Bitpanda nun skalieren will und in welche Märkte als nächstes vorgedrungen werden könnte.

Die Entstehung: Pragmatisch Profitabel

Am Anfang von Bitpanda steht das Pokern. Paul Klanschek finanziert sich 2010 sein Studium an der Wirtschaftsuniversität Wien mit semiprofessionellem Pokerspiel und hat das gleiche Problem wie viele andere Pokerspieler: Wie soll er die Geldmittel, die er gewinnt oder als Anmeldegebühren für Turniere entrichten muss, online transferieren? Normale Banken und Zahlungsdienstleister schlagen bei internationalen Transfers hoher Geldbeträge und den oft als Glückspiel eingestuften Empfängeradressen schnell Alarm.

Obskures Bitcoin

Auf der Suche nach einer Lösung stößt er auf das Bitcoin-Netzwerk, das erst zwei Jahre zuvor das Licht der Welt erblickt hat. Bitcoin-Transaktionen bedürfen keiner Genehmigung, Wallets keiner Identitätsprüfung. Zudem ist Bitcoin schnell, global und sogar pseudonym. So kann sich die Kryptowährung schnell in der Pokerszene etablieren und auch Klanschek überzeugen.

Gleichzeitig lernt er über eine Online-Poker-Community seinen späteren Mitgründer Eric Demuth kennen. Demuth studiert ebenfalls Wirtschaft in Wien, nachdem er ursprünglich Nautik studieren wollte und sogar schon zwei Jahre als Schiffsmechaniker zur See gefahren war. Gemeinsam brüten sie allabendlich über Geschäftsideen.

Die Idee

Außerhalb von Poker ist Bitcoin 2013 noch fast unbekannt. Vor allem in Europa. Auch wenn Klanschek ein viel größeres Potenzial für Bitcoin sieht, bleibt der Kauf von Bitcoin doch eine risikoreiche, aufwendige Angelegenheit. Nutzer können Bitcoin lediglich über private Foren von Privatpersonen kaufen oder müssen Geld an obskure Adressen in den USA, Osteuropa oder zur berüchtigten Krypto-Börse Mt. Gox nach Japan schicken. Spätestens an diesem Punkt steigen die meisten aus. Aus der Frustration wächst für Demuth und Klanschek die Überzeugung: Das muss einfacher gehen.

In den USA hatten bereits 2011 erst Jesse Powell Kraken, dann 2012 Brian Armstrong Coinbase aus demselben Grund gegründet. Warum also sollte man Bitcoin nicht auch ganz einfach in Europa kaufen können? Von einem vertrauenswürdigen europäischen Unternehmen? Die erste Idee ist ein einfacher Webshop.

Das Problem: Zum damaligen Zeitpunkt gibt es noch keinerlei rechtliche Klarheit über die steuerliche Erfassung eines solchen Geschäftes. Fällt Umsatzsteuer an? Müsste man also beispielsweise Bitcoin für 20% über Marktpreis anbieten, um eine Mehrwertsteuer entrichten zu können? Und fällt dieses Geschäft unter die Gewerbeaufsicht oder die Finanzmarktaufsicht? Klanschek fragt bei der Aufsicht und anderen Stellen nach, erhält aber keine Antwort. Keine Behörde will sich in die Nesseln einer eigenmächtigen Entscheidung setzen. So wartet man ab. Das Risiko, Steuerschulden zu akkumulieren, ist einfach zu groß.

Auch fehlt für das Vorhaben noch der technische Co-Founder. Auf Anfrage beim Präsidenten des Vereins Bitcoin Austria vermittelt dieser die beiden Studenten an Christian Trummer, der zu diesem Zeitpunkt schon mehrere Softwarefirmen gegründet hat und sich bereits bestens mit Bitcoin auskennt. Er willigt ein, solange er nicht in die Geschäftsleitung muss.

Von links nach rechts: Christian Trummer, Paul Klanschek, Eric Demuth

Der Startschuss ertönt

2014 kommt es Schlag auf Schlag. Erst geht Mt. Gox Pleite, die zu dem Zeitpunkt größte Bitcoin-Börse der Welt. Rund 850.000 Bitcoin, damals 340 Millionen Euro wert, gehen für Kunden und Anleger verloren. Es bewahrheitet sich, wie risikoreich unregulierte Börsen und Broker sind und wie wichtig eine vertrauenswürdige Onshore-Adresse für den Handel mit Bitcoin ist.

Wenig später folgt das EuGH Urteil: Der Umtausch von Bitcoin gegen konventionelle Währungen ist nicht mehrwertsteuerpflichtig. Somit haben die Gründer zumindest hier schon Klarheit. Bleibt nur noch die Frage der Aufsicht. Durch einen aktiven Austausch mit den Regulierungsbehörden wollen die Gründer das Restrisiko minimieren. 

"Von Anfang an haben wir uns entschieden, uns voll auf regulatorische Compliance zu konzentrieren, während all unsere Wettbewerber in Europa dies nicht getan haben”, sagt Klanschek. “Die konnten zwar dadurch viel schneller wachsen als wir, aber interessanterweise existiert von denen heute keiner mehr."

Genau diese Philosophie - also die Dinge richtig und nicht nur schnell machen - ist der Gründungskern, der die Unternehmensstrategie bis heute bestimmt.​

Ende 2014 ist es dann soweit. Bitpanda, das zu dem Zeitpunkt noch “Coinimal” heißt, startet als Plattform für den Kauf und Verkauf von Bitcoin in Österreich. Am 15. Dezember 2014 teilen sie auf Facebook: «Wir sind da, kauft Bitcoin bei uns.»

Brokerage als profitables Geschäftsmodell

Sie sind nun kein Webshop mehr, sondern ein Broker. Broker fungieren als Vermittler zwischen Anlegern und den Finanzmärkten, indem sie im Auftrag von Kunden deren Kauf- und Verkaufsorders an Börsen weiterleiten. Für jede ausgeführte Order berechnet der Broker eine Kommission.​

So kann Bitpanda komplett eigenfinanziert aus den laufenden Erlösen organisch wachsen. Jedes Mal, wenn die Kunden Kryptowährungen kaufen oder verkaufen, verdient Bitpanda an einer Handelsspanne. Das Geschäftsmodell ist erprobt, skalierbar und wirft schnell gute Gewinne ab. Entgegen seiner wagniskapitalfinanzierten Pendants aus den USA setzt Bitpanda ganz auf Bootstrapping. 

Ein Ansatz, der die Unternehmenskultur in den ersten Jahren stark prägen wird. Hinter jeder Initiative muss ein nachhaltiger Business Case stehen. Das heißt: Nah am Kundenbedürfnis entlang entwickeln, anstatt opportunistisch kurzfristigen Hype-Themen hinterherzujagen. Aus Zweifeln an der Nützlichkeit wird man beispielsweise später ein NFT-Marktplatz-Projekt abbrechen. Auch gibt es keine Schonfrist für Projekte und Initiativen, die sich nicht schnell genug rentieren - geschweige denn Marketingbudget.

Zudem legt Bitpanda von Anfang an größten Wert auf Technologie. Ein Großteil der eigenen Infrastruktur wird inhouse gebaut oder hinzugekauft, wie beispielsweise mit der Akquisition der Custody-Lösung Trustology Anfang 2022. Das schafft Vertrauen bei den Regulatoren.

Wenige Tage nach Start erweitert Bitpanda sein Angebot um Litecoin. Schon im August 2015 kommt Ether dazu. Die Gründer lernen frühzeitig die Power von “Product-led Growth” kennen und investieren kontinuierlich in die bestmögliche Nutzererfahrung.

Wahrscheinlich muss auch deswegen der Name weichen. Weil es niemand schreiben kann und die Gründer sich die Möglichkeit offen halten wollen, in Zukunft auch andere Anlageklassen als Kryptowährungen anzubieten, rebrandet das junge Unternehmen 2016 von Coinimal zu Bitpanda. Das sorgt auch international für mehr Wiedererkennungswert

Wir hören uns dann morgen wieder.

Bis dahin,

Max

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