Greenfield: Venture Opportunities in DeFi

Gleb Dudka, Principal und bei Greenfield für den DeFi Block verantwortlich, erklärt in der heutigen Kolumne, welche Themen sie als Wagniskapitalgeber besonders spannend finden.

Diese Kolumne erschien im DACH Insider Ausgabe 04 am 20.10. Der DACH Insider ist das neue Insider-Journal für die deutschsprachige Digital Assets Industrie. Jeden zweiten Sonntag liefern wir exklusive Analysen und Hintergrundberichte aus dem DACH-Raum. Schau dir hier die komplette Ausgabe an.

Gleb Dudka
Principal, DeFi Lead
Greenfield Capital

Greenfield Capital ist einer der führenden europäischen Krypto-VCs. Zu ihrem Portfolio zählen Unternehmen wie Safe, 1Inch und Arweave. Ihr Investment-Team organisieren sie in drei Blocks: Consumer, DeFi und Infrastructure. Alle vier Wochen geben sie in dieser Kolumne ein Update zu den spannendsten Entwicklungen in einem dieser Blocks - heute zu DeFi.

Noch vor wenigen Jahren war DeFi fast gleichbedeutend mit Krypto. Dezentrale Apps für Trading und Lending sorgten für die ersten funktionierenden und populärsten Onchain-Anwendungen. Aktuell ist die Euphorie jedoch verflogen. “Zu wenig und zu langsam” lässt sich die Ernüchterung um das Warten auf weitere bahnbrechende Innovationen in DeFi zusammenfassen.

Langfristig aufgestellte Investoren wie wir mögen solche Marktphasen. Vor allem, wenn der detaillierte Blick auf den fundamentalen Fortschritt etablierter Protokolle und die disruptiven Ansätze junger Entwicklerteams interessante Einstiegsmöglichkeiten verheißen. 

DeFi in Zahlen

Bevor wir tiefer in die spannendsten Opportunities in DeFi einsteigen, lasst uns kurz einen high-level Blick auf die Größe des Sektors werfen:

  • Stablecoin Market Cap: 173 Mrd. USD

  • Monatliches Transaktionsvolumen auf DEXs: ø 160 Mrd. USD

  • Total Value Locked: 88 Mrd. USD

Aus Investorensicht dabei besonders spannend ist vor allem die Effizienz des Sektors. Tether erwirtschaftete dank der Rendite auf Short-Term US-Treasury Bills im vergangenen Jahr über 6,2 Milliarden USD - und das mit nicht einmal 100 Mitarbeitern. Das Lending Protokoll Aave generiert 285 Millionen USD pro Jahr, welche an die Einlagen-Geber gezahlt wird. Theoretisch bräuchte Aave dafür keinen einzigen Mitarbeiter mehr, da das Protokoll nach seiner initialen Programmierung rund um die Uhr und ohne Einschränkung funktioniert.

Vielversprechende Themen innerhalb des Sektors

Bei einer Reihe von reiferen Projekten sind die gesunden Wachstumszahlen gerade der letzten Monate unserer Meinung noch nicht ansatzweise im aktuellen Token-Preis reflektiert. 

Doch auch was die Sichtung und Selektion neuer Protokolle und Projekte im DeFi-Segment anbelangt, können wir uns nicht über zu wenig Arbeit beschweren. 

Insbesondere bei den Themen “App-spezifische Sequenzierung”, “Interest Rate Derivat-Protokolle” und neuartige Stablecoins sehen wir aktuell in unserem Cold-Inflow besonders starkes Interesse von Gründern.

Für uns sind dabei vor allem neue Primitives interessant. Darunter verstehen wir disruptive Ansätze für Finanzanwendungen, die dem Walled Garden-Modell von TradFi diametral entgegenstehen. Sie denken die Stärken von Smart Contracts weiter und heben vor allem durch die kreative Zusammensetzung (“Composability”) von bisher getrennten Finanzprodukten viel Potenzial.

Zusätzlich finden wir neue Projekte besonders spannend, die sich den beiden größten Hürden von DeFi auf dem zur Massenadoption annehmen:

  1. MEV

  2. Onchain-UX

Es lohnt sich, diese beiden Themen näher zu beleuchten.

Der Milliarden-Dollar Arbitrage Markt und das Konzept hinter MEV

MEV steht für “Maximum Extractable Value” (Maximal Extrahierbarer Wert). Es geht darum, die Eigenschaften der Blockchain auszunutzen, um mittels statistischer Mathematik und Hochfrequenz-Handel risikofreie Profite zu generieren. Ursache sind zeitliche Differenzen zwischen dem kontinuierlichen Orderbuch von zentralen Börsen wie Binance  und beispielsweise den 12 Sekunden-Blöcken von Ethereum.

Ethereum kann innerhalb einer Blockproduktion keine Preis-Updates erhalten. Dadurch entstehen Arbitragemöglichkeiten zwischen beiden Plattformen.

In folgender Visualisierung bleibt der Preis auf Ethereum in Block 100  für 12 Sekunden statisch, während er auf Binance mehrere Basispunkte ansteigt. Sobald Block 101 beginnt, kann der Preis auf der Blockchain zum Binance-Preis arbitriert werden. Ein risikofreier Profit wird generiert. 

Wer tiefer einsteigen möchte: In einem Research-Beitrag haben wir MEV kürzlich eingehend analysiert: Statistical arbitrage on AMMs and block building on Ethereum. 

Eine unserer Haupterkenntnisse: Über 175 Milliarden USD an Volumen entstehen nur über diese statistischen Arbitragemöglichkeiten. Unterm Strich ist das ein toxisches Ertragspotenzial. Es extrahiert Liquidität aus dezentralen Anwendungen und untergräbt das Fairness- und Effizienzversprechen von DeFi.

Wir halten Ausschau nach Startups, die daran arbeiten, solche Arbitragemöglichkeiten zu minimieren oder gar ganz zu eliminieren. Diese Projekte erarbeiten sich nicht nur einen Wettbewerbsvorteil für die Zeiten von Mainstream-Adoption,sie ebnen gleichzeitig auch den Weg dorthin.  

Ein Produkt aus diesem Bereich, das wir intern selbst quasi täglich nutzen, ist CoW Swap. Die dezentrale Tauschbörse schützt vor MEV mit dem innovativen Kniff, regelmäßig Auktionen abzuhalten.

MIt Intents zu intuitiver UX 

Seien wir ehrlich: die Interaktion mit DeFi-Anwendungen erfordert auch 2024 noch ein gewisses Maß an Idealismus.

DeFi ist erst dann massentauglich, wenn sich die Benutzerfreundlichkeit der Anwendungen drastisch verbessert: einfacher, intuitiver, zugänglicher. Nutzer sollten in der Lage sein, die Funktionsweise und die Vorteile von DeFi leicht zu verstehen und ohne technische Kenntnisse zu nutzen.

“Intents” sind dabei ein vielversprechender Ansatz, indem sie, einen Großteil der Onchain-Komplexität abstrahieren. 

Intents sind “Benutzerabsichten”, die in einfachen, verständlichen Aktionen ausgedrückt werden können. Anstatt sich mit den technischen Details einer Transaktion auseinanderzusetzen, gibt der Nutzer einfach an, was er erreichen möchte, und das System kümmert sich um die Umsetzung. Beispielsweise könnte ein Nutzer angeben: "Ich möchte 1 ETH gegen USDC tauschen, wenn der Kurs bei $5000 liegt." Das System interpretiert diesen Intent und führt die notwendigen Schritte durch, ohne dass der Nutzer sich um Gasgebühren, Slippage oder andere technische Parameter kümmern muss.

Ähnlich wie bei traditionellen Finanzinstitutionen, können Nutzer ihrem Broker mitteilen, welche Art von Transaktion durchgeführt werden soll; sie wird dann automatisch im Hintergrund ausgeführt. Ein interessanter Pionier im Feld der Intent-UX ist zum Beispiel Plug.

Auch große Krypto-Börsen wie Coinbase arbeiten daran, DeFi für ihre Nutzer zugänglicher zu machen. So hat Coinbase kürzlich die Möglichkeit eingeführt, direkt auf der Plattform mit ausgewählten DeFi-Protokollen zu interagieren. Nutzer können zum Beispiel ihre Kryptowährungen in DeFi-Anwendungen einsetzen, um Zinsen zu verdienen, ohne die Coinbase-Plattform verlassen zu müssen.

Fazit

Inzwischen muss sich DeFi die Aufmerksamkeit mit vielen anderen Verticals teilen. Wir sind dennoch (und bezüglich Risiko-adjustierter Token-Preise gerade deswegen) weiter bullish auf den Block und freuen uns über aufregende neue Produkte und entscheidende Schritte Richtung Massentauglichkeit, die aktuell entwickelt und vorbereitet werden - nicht selten weitgehend unbemerkt von der breiten Öffentlichkeit. 

Disclaimer: Greenfield Capital ("Greenfield") investiert in Kryptoassets und blockchain-bezogene Unternehmen. Greenfield und/oder seine verbundenen Unternehmen oder Mitarbeiter könnten in bestimmte in diesem Dokument diskutierte Instrumente, Unternehmen und/oder Projekte investiert sein oder Beziehungen oder andere geschäftliche Vereinbarungen im Zusammenhang damit haben. Der Inhalt dient ausschließlich zu Informationszwecken und sollte nicht als Grundlage für Investitionsentscheidungen herangezogen werden. Die in diesem Dokument enthaltenen Informationen und Meinungen stammen ausschließlich von Claude Donzé und spiegeln nicht die Ansichten von Greenfield oder anderer bei Greenfield tätiger Personen wider.

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