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Lindners Krypto-Agenda und das ewige Spannungsfeld

Ein Rückblick auf den jüngsten Blockchain-Roundtable der FDP: "Bitcoin – das bessere Geld?"

Dieser Beitrag erschien im DACH Insider Ausgabe 10 am 19.01.2025. Der DACH Insider ist das Insider-Journal für die deutschsprachige Digital Assets Industrie. Jeden zweiten Sonntag liefern wir exklusive Analysen und Hintergrundberichte aus dem DACH-Raum. Schau dir hier die komplette Ausgabe an.

Am vergangenen Freitag fand im Marie-Elisabeth-Lüders-Haus der 5. Blockchain-Roundtable statt, und nie war das Interesse größer. Während die ersten Ausgaben des im Mai 2022 eingeführten Formats noch kleinere Expertengruppen anzogen, waren die Plätze bei der jüngsten Veranstaltung auf beiden Ebenen des Saales nahezu vollständig belegt. Es war die Kombination aus Thema, Redner und aktuellem Diskurs, die die Besucher an diesem Tag ins Bundestagsgebäude lockte.

Unter dem Titel „Bitcoin – das bessere Geld?“ sollte Ex-Finanzminister Christian Lindner das Programm mit einer rund zwanzigminütigen Rede eröffnen, bevor eine Podiumsdiskussion mit vier Teilnehmern unter der Moderation des FDP-Politikers Frank Schäffler die Eignung von Bitcoin als Geld und strategische Reserve von Zentralbanken thematisierte.

Die FDP hatte im Vorfeld Kryptowährungen und Blockchain-Technologie als Schlüsselelemente für zukunftsfähige Finanzmärkte in ihr neues Wahlprogramm aufgenommen. Auch eine jüngste Rede Lindners im Deutschen Bundestag, in der er öffentlich beklagte, dass Deutschland bei Bitcoin und Krypto den Anschluss verliere, trug zum vergleichsweise großen Interesse an der Veranstaltung bei. Da Lindner die aktuelle Regierung bis vor Kurzem mitgeführt hatte, stand der Verdacht des Opportunismus im Raum. Schließlich hatte Donald Trump erst kürzlich bewiesen, wie viele Wählerstimmen eine krypto-freundliche Haltung in den USA mobilisieren kann. Im Kampf um den Einzug in den Bundestag gab es sicher schon verzweifeltere Strategien.

Zu Beginn seiner Rede betonte Lindner, dass Deutschland einen Wettbewerbsvorteil hätte, wenn es sich in Sachen Krypto freundlich positioniere. Den Aufschrei über seine Äußerungen im Bundestag könne er überhaupt nicht nachvollziehen.

„Krypto-Vermögenswerte sind nicht rechts. Sie sind marktwirtschaftlich, innovativ und digital. Sie sind ansonsten aber nicht im engeren Sinne politisch. Deswegen müssen wir uns dafür einsetzen, dass Deutschland und Europa gute Standorte für die gesamte Krypto-Wertschöpfungskette werden.“

Anschließend gab er einen kurzen historischen Abriss der Krypto-Bemühungen der FDP in den letzten Jahren – von ihrem Einsatz für die einjährige Spekulationsfrist bis zu ihrem Beitrag zur MiCA-Regulierung, bei der die FDP laut Lindner ein Verbot von Proof-of-Work verhindern konnte, das von SPD und Grünen unterstützt wurde.

Im Mittelteil seiner Rede stellte Lindner die 3-Punkte-Agenda seiner Krypto-Politik vor:

  1. Die Bundesanleihe auf die Blockchain bringen für On-Chain-Collateral-Management.

  2. Eine Debatte über Krypto als strategische Reserve für die Bundesbank und EZB anstoßen.

  3. Die Genehmigung von Krypto-ETFs in Europa.

Im anschließenden Q&A, bei dem Lindner noch drei Fragen zuließ, bevor er zu einem Wahlkampftermin aufbrach, zeichnete sich bereits das Spannungsfeld ab, das die gesamte Veranstaltung prägte: die unterschiedlichen Weltanschauungen und Interessen von Bitcoin-Maximalisten und Blockchain-Enthusiasten.

Eine Frage aus dem Publikum lautete, warum überhaupt andere Kryptowährungen als Währungsreserve diskutiert werden sollten. Nur Bitcoin sei dezentral und unpolitisch, während die meisten anderen Kryptoprojekte von Organisationen gestartet würden, die politische Interessen verfolgten.

Lindner konterte die Frage und betonte, dass zunächst geklärt werden müsse, ob eine Währungsreserve mit Krypto diversifiziert werden solle. Erst danach könne man das „Wie“ klären. Eine gewisse Verstimmung über die Frage konnte er jedoch nicht verbergen.

Nach seinem Abgang begann die Roundtable-Diskussion mit Eva Brauckmann vom Bitcoin-Podcast „einmilliionsatoshi“, Alex von Frankenberg vom High-Tech Gründerfonds, Bitcoin-Autor Marc Friedrich und Roman Reher, auch bekannt als Blocktrainer.

Dass keine Vertreter der Krypto- oder Bankenindustrie auf dem Podium waren, wurde von vielen Seiten kritisiert. Doch vielleicht lag hier auch ein Missverständnis der Veranstaltung: Über die Frage, was Bitcoin und Krypto sind oder nicht sind, gibt es insbesondere in Deutschland nach wie vor mehr Meinungen als politische Parteien. Das zeigte auch diese Veranstaltung wieder deutlich.

Was Teilnehmer über die Veranstaltung sagen

Simon Seiter
Head of Digital Assets, Hauck Aufhäuser Lampe

Christian Lindner hat aus meiner Sicht im letzten Termin gute Vorschläge gebracht, insbesondere die Krypto-Bundesanleihe als konsequente Fortsetzung des eWpG, die Zulassung von Kryptowerten zu ETFs zur Öffnung des Markets in Europa analog dem erfolgreichen Weg in Nordamerika sowie der durchaus diskutierbaren Krypto Zentralbank-Reserve. Ein wichtiges offenes Thema ist die Handelbarkeit von Kryptowertpapieren – hier sollten die Instrumente auch über den Girosammelverkehr zugelassen werden.

Generell ist der Blockchain-Roundtable im Bundestag eine wertvolle Plattform. Leider tut er sich am Anspruch eines Austausch zwischen Industrie und Politik schwer, zuletzt fanden die Diskussionen fast nur noch einseitig und zwischen Meinungsmachern statt Experten statt.

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Christian Zimmermann
Partner+CLO, Greenfield

Es ist gut, dass die Diskussion um die Vorteile von Digital Assets wieder offen geführt wird. Gleichzeitig waren die Panel-Diskussionen aus meiner Sicht nicht differenziert genug und neigten dazu, einseitige Heilsversprechen sowie simplistische Lösungen zu propagieren. Abseits der Panels waren die Gespräche deutlich besser und behandelten nicht nur Bitcoin, sondern auch andere Digital Assets sowie die sinnvolle Regulierung und Aufsicht für Krypto-Unternehmen in Deutschland.

Darin liegt auch mein genereller Wunsch für die nächsten Roundtables. Im Fokus stehen sollten Startups, die innovative Produkte und Infrastruktur für das nächste Internet entwickeln – und dabei Arbeitsplätze in einem Zukunftssektor schaffen. Es sollte zudem stärker diskutiert werden, wie Blockchain-Technologie europäische Grundwerte wie Datenschutz und geistiges Eigentum schützen kann, gerade in Zeiten von KI. In Sachen Krypto ist Frankreich bisher die treibende Kraft in Europa, während Deutschland und die BaFin von vielen als nicht-kryptofreundlich wahrgenommen werden. Um ein attraktives Umfeld für deutsche Krypto-Startups zu schaffen, benötigen wir dringend einen Paradigmenwechsel – und der entsteht unter anderem durch Diskurs.

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Dr. Anika Patz
Partner, YPOG

Die inhaltlichen Schwerpunkte der FDP sind alle valide und sicherlich auch durch den US-Wahlkampf inspiriert. Den DLT/Krypto-Standort Deutschland treiben jedoch aktuell dringendere Themen um, die leider nur in der Kaffeepause diskutiert wurden: Wie können wir Deutschland als Standort für Web3 und Krypto-Unternehmen attraktiver machen und Deutschlands Vorreiterrolle bewahren? Wie können wir Finanzierung und Förderung der Unternehmen sicherstellen? Wie stellen sich Kryptowerte-Dienstleister die Zusammenarbeit mit dem Aufseher vor, um compliant, aber auch wettbewerbsfähig zu bleiben? Über solche Themen sollten wir sprechen, gerade wenn man sieht, wie andere Länder (bspw. Frankreich, Österreich, VAE, Singapur) Standortmarketing betreiben.

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